24.09.2024

Jeder fünfte Berufstätige hat seinen Kinderwunsch wegen schlechten Betreuungsangeboten zurückgestellt

Berufstätige beklagen Digitalisierung und härteren Arbeitsmarkt

Die Hälfte (49 %) aller Berufstätigen mit Kindern unter 18 Jahren hält das Angebot an Kinderbetreuung in Deutschland für unzureichend. Ähnlich groß (43 %) ist auch der Anteil berufstätiger Eltern, die in ihren Unternehmen "grundsätzlich schlechtere Aufstiegschancen für Beschäftigte mit Kindern" beklagen. Der Effekt: Vier von zehn berufstätigen Eltern (41 %) würden "gern mehr Stunden in der Woche arbeiten, wenn die angebotenen Kinderbetreuungszeiten länger wären bzw. dies zulassen würden".

20 Prozent aller Berufstätigen haben ihren Kinderwunsch wegen mangelhafter Betreuungsangebote sogar ganz zurückgestellt. Unter den aktuell 30- bis 34-jährigen Erwerbstätigen ist es mehr als jeder Dritte (35 %) und bei Beschäftigten mit Personal- und / oder Projektleitungsverantwortung sind es 29 Prozent.

„Mütter und Väter möchten gerne aus der Elternzeit an den Arbeitsplatz zurückkehren. Und auch Eltern von kleinen Kindern möchten Karriere machen. Arbeitgeber können Plätze in betriebseigenen Kitas und über Kooperationen bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten bieten, auch wir tun das. Aber das Thema müssen Bund, Länder und Kommunen weiter forcieren.“

Caroline Schlienkamp
Personalvorständin der HDI Group und Vorstandsmitglied der Talanx AG
Personalmangel steigt weiter

Der Personalmangel in Deutschland verschärft sich weiter. Inzwischen berichten 63 Prozent (Vorjahr 59 %) aller Berufstätigen in Deutschland über negative Folgen hierdurch in ihren Unternehmen. Ein Grund dafür: Jetzt gehen auch die sogenannten Babyboomer (Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre Geborene) millionenfach in Rente. Fast jeder zweite Berufstätige (42 %) sieht dadurch in seinem Unternehmen bereits "Gefahr" oder sogar "große Gefahr". Regional ist das besonders in Thüringen und im Saarland der Fall. So gibt inzwischen jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland (35 %) an, dass der Wissenstransfer beim Ausscheiden der Babyboomer "gar nicht gut" oder "weniger gut" in seinem Unternehmen gelingt. Im Bereich Recht und Verwaltung sind es sogar mehr als die Hälfte.

„Mit dem Ausscheiden der sogenannten Babyboomer bekommt der Fachkräftemangel in Deutschland eine neue Dimension. Gleichzeitig gelingt es nicht, mit bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangeboten diejenigen zu unterstützen, die eigentlich gerne mehr arbeiten wollen. Dieses Spannungsfeld stellt die gesamte deutsche Gesellschaft vor große Herausforderungen, deren Lösung existenziell für Deutschland ist.“

Jens Warkentin
Vorstandsvorsitzender der HDI Deutschland AG

Erstmals will mehr als die Hälfte aller Vollzeit-Beschäftigten in Teilzeit

Die für viele unzureichende Situation bei der Kinderbetreuung spielt offenbar auch eine Rolle beim wachsenden Wunsch nach Teilzeit-Angeboten. So ergibt die diesjährige HDI Berufe-Studie nicht nur, dass es 2024 erstmals mehr als die Hälfte aller Vollzeit-Beschäftigten zu Teilzeit-Angeboten hinzieht. Zudem ist der Teilzeit-Wunsch auch bei den unter 45-Jährigen mit 56 Prozent (Vorjahr 51 %) viel stärker ausgeprägt als bei älteren Beschäftigten (45 %, Vorjahr 47 %). Das stärkste Interesse an Teilzeit-Arbeit zeigen die Vollzeit-Beschäftigten zwischen 25 und 34 Jahren (57 %).

Künstliche Intelligenz (KI) weckt Hoffnungen

Die künftige Bedeutung von Digitalisierung und vor allem Künstlicher Intelligenz (KI) in den Unternehmen wird unter den Berufstätigen differenziert beurteilt. Mit Ausnahme der Bereiche Touristik sowie Hauswirtschaft und Erziehung sehen die Beschäftigten in allen anderen Branchen deutlich häufiger mehr Chancen als Risiken durch den Einsatz von KI in ihren Unternehmen.

Insgesamt ist jeder fünfte Berufstätige (19 %) der Meinung, dass sein Unternehmen durch den Einsatz von KI erfolgreicher wird. Allerdings lehnen immerhin 13 Prozent den Einsatz von KI grundsätzlich ab. Und jeder vierte Beschäftigte ab 45 Jahren würde eine beruflich angezeigte Einarbeitung in das Themenfeld KI nicht mitmachen wollen (24 %). Besonders ausgeprägt ist diese Haltung in ostdeutschen Bundesländern.

In den Stadtstaaten gelingt die Regeneration nach der Arbeit noch am ehesten

Die HDI Berufe-Studie kann durch die hohe Zahl der Befragten auch repräsentative Ergebnisse in den einzelnen Bundesländern ermitteln und vergleichbar machen. So geben etwa im Bundesdurchschnitt nur 42 Prozent aller Erwerbstätigen an, sich ausreichend von ihrem Beruf regenerieren zu können. Auffallend besser ist die Situation aber bei Beschäftigten in den Stadtstaaten. In Hamburg (55 %), Bremen (54 %) und Berlin (51 %) bekundet jeweils eine Mehrheit ausreichende Erholungschancen. Diese Bundesländer erreichen damit auch die drei absoluten Spitzenplätze. Am anderen Ende des Rankings stehen dagegen Thüringen (33 %) sowie Sachsen und Sachsen-Anhalt (jeweils 36 %).

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